Tag 4 – 24.08.2022

Eine Reise ins Mittelalter

Schon Mittwoch – wie doch die Zeit vergeht.
Heute starten wir mit einer kleinen Wanderung im Ekkodalen.
Das Ekkodalen (Echotal oder Styrtebakkerne) im Wald von Almindingen ist das längste Spaltental auf Bornholm. Es ist insgesamt etwa 16 Kilometer lang und durchschnittlich 60 Meter breit. Durch das Tal und oberhalb der ca. 20 Meter hohen Felsen verlaufen mehrere Wanderwege. Im Norden des Tales liegt auf einer Anhöhe die „Gamleborg“ (Alte Burg) und auch die Burganlage Lilleborg ist nur wenige Kilometer entfernt. Die heben wir uns aber für einen nächsten Besuch auf.

Im Tal werden Wisente und Pferde relativ frei auf den Wiesen gehalten und die hohen und oft baumbestandenen Felswände dieser Saltentäler (es gibt mehrere davon auf Bornholm) bieten guten Schutz gegen den Wind, denn fast immer herrscht Windstille am Boden eines solchen Tals.

Eine ganz junge Blindschleiche, Kupfergoldfarben, bleistiftdünn und vielleicht 30 cm lang sehen wir zufällig über den Weg kriechen. Wir beobachten das wunderschöne Tier eine Weile und warten, bis sie sicher den Weg überquert hat, denn wir sind nicht alleine hier im Tal und nicht immer schaut jeder auf den Boden.

Weiter geht es dann am Vormittag noch einmal in Richtung Østerlars – hier wollen wir ins Mittelaltercenter Bornholms – dort ganz in der Nähe. Das kennen wir noch nicht und wir sind gespannt was uns erwartet, solche Anlagen gibt es ja viele und nicht alle sind wirklich gut.

Laut einer Infoseite kann man in Bornholms Mittelaltercenter das Bauernleben des Mittelalters von 1350 bis 1450 hautnah und mit allen Sinnen erleben. Es ist eine lebendige Mittelaltersiedlung, mit Menschen, Tieren, Häusern, einer Wassermühle und einer Wallanlage und soll wirklich sehr wirklichkeitsnah sein. Handwerker und Bauern, die ihrer täglichen Arbeit nachgehen, man kann Rüstungen in der Wallanlage anprobieren, mit Pfeil und Bogen schießen und ab und zu lassen es die „Soldaten“ hier mit Kanonen und Hakenbüchsen richtig krachen. Na – wir sind dann mal gespannt. Auf dem Parkplatz kommt uns eine große Schülergruppe entgegen – offensichtlich auf dem Rückweg. Da das Center erst seit einer Stunde auf ist, verheißt das ja erstmal nichts Gutes.

Der Eingang ist in einem Torhaus, mit kleinem Shop und Imbiss. Wir bekommen ein Heftchen in deutscher Sprache in die Hand gedrückt, in welchem, eigentlich für Kinder, aber sehr unterhaltsam und sehr niedlich, die einzelnen Stationen, die Tiere und die Häuser erklärt sind und man so über das Gelände geführt wird. Nebenbei erfährt man in kleinen Geschichten etwas übers Mittelalter. Das ist die erste positive Überraschung. Und mit den positiven Überraschungen geht es weiter.

Am Beginn des Geländes sind Tiergehege mit Hasen, Gänsen und Ziegen. Dann die ersten Häuser, einfache Bauernkaten, die je nach Zweck verschieden eingerichtet sind.

Alle sind wirklich gut eingerichtet und es wirkt, als würden die Bewohner gleich zurückkommen. Ein kleiner Garten, eine Mühle im Wald, Schmiede, Töpferei … ein richtiges, kleines Dorf. Mit der Färberin, die am Färbetopf steht, unterhalten wir uns kurz über Pigmente und Wolle und am Nachbarhaus wird Besucherkindern gezeigt, wie man Bändchen flechtet. Das kleine Büchlein erklärt die einzelnen Häuser und wir sind wirklich beeindruckt. Doch das war noch nicht alles … auf einem kleinen Hügel befindet sich der Herrenhof, zu dem das Dorf gehört. Hinter einer Palisade mit Torhaus sieht man schon den Turm, der uns auf den ersten Blick doch etwas an die Turmhügelburg erinnert.

Der Herrenhof ist ganz von einer Palisade mit innenliegendem Wehrgang und zwei Toren umgeben. Es gibt mehrere kleine Hütten und ein großes Haus. Außerdem den Turm, eine winzige Kapelle und das Herrenhaus.

Es ist ja nicht so, dass wir bisher schon ziemlich beeindruckt gewesen sind … das Herrenhaus übertrifft das noch mal. Es gibt im Herrenhaus eine Stube, mit Himmelbett, Truhen und einem wunderschönen Becherkachelofen, alles ist so schön hergerichtet, mit Geschirr, Kleidung, Kissen, Decken – unzähligen tollen Details. Und alles passt wirklich zurzeit und zum Stand. Und dann gibt es ja da noch die Halle. Ein kleiner Festsaal, ganz mit glasierten Bodenfliesen ausgelegt, mit Schnitzereien an den Balken, mit Tischen, Bänken, Spielen auf den Tischen, Kerzenleuchtern und – rundherum ausgemalt. Soooo schön!

Im Turm sind unten ein paar Helme und Schilder und Kettenhemden zum Anfassen und anprobieren und von oben hat man einen tollen Blick über den ganzen Hof. Auch die Kapelle ist sehr schön und trotz einer Barbara- und einer Madonnenfigur sehr bescheiden eingerichtet – sie ist ja auch nur winzig klein.

Zurück im Dorf und noch voller Eindrücke wandern wir zum Ausgang – jedoch nur um kurz eine Mittagspause mit dänischen Pølsehorn und Cola zu machen, denn 14 Uhr ist eine Vorführung der Kanone, die wir keinesfalls verpassen wollen. Die Vorführung wird von Klaus gemacht – und ist wirklich sehr unterhaltsam in einer Mischung aus Dänisch und Englisch und ein paar deutschen Wörtern. Er erzählt was über Kanonen im Mittelalter, über die Geschichte allgemein und erklärt jeden Schritt wirklich humorvoll.

Wir fachsimpeln mit Klaus noch ein bisschen über das Hobby und zeigen Bilder – vielleicht sieht man sich ja tatsächlich mal in diesem Hobby. Hier oder anderswo – wer weiß? Wir beschließen jedenfalls hier noch einmal herzukommen und dann auch in der passenden Klamotte.

Zum Abschluss des Nachmittags halten wir noch mal bei der Kirche in Østerlars, da wir ja gestern den Dachboden nicht mehr besichtigen konnten. Das holen wir heute nach. Man warnt uns am Eingang – die Treppe zum Turm ist schließlich genauso alt wie der Turm selbst, also viele, viele hundert Jahre. Was man ihr auch wirklich ansieht.

Im Innenraum der oberen beiden Etagen spürt man deutlich den ursprünglichen Zweck der Kirche als Wehrkirche. Die Mauern sind dick, denn die Innenräume dienten als Schutzraum für die Bevölkerung (in Friedenszeiten dann als Lagerraum). Die dritte Ebene war für die Verteidigung gegen Angreifer gedacht.

Abends fahren wir noch mal schnell nach Rönne, bummeln einmal durch die Stadt, ehe es zurück zum Häuschen geht. Hängematte, Lesen, Malen, den Abend genießen. Ich markiere mir mal im Reiseführer die nächsten Ziele, denn morgen ist auch noch ein Tag.

Tag 5 – Einkaufstour