Tag 04 – Kent und Sussex

… oder: Battlefields, zwei Mauern und zwei Türme auf einem Hügel und der Finger des Bischofs.

Klingt spannender als es war 😉

Ich gönne mir heute mal ein englisches Frühstück. Kaffee gibt es aber immer noch zu wenig.
Wir wollen heute nach Battle, nach Hastings und eine alte Ruine am Meer besuchen. Nach Battle sind es etwa anderthalb Stunden Fahrt. Das Navi führt uns mal wieder Straßen entlang, die diese Bezeichnung gar nicht verdienen. Obwohl wir eingegeben haben, dass unbefestigte Straßen vermieden werden sollen. Naja, „befestigt“ waren die Wege ja irgendwie. Wenn DAS aber die befestigten Wege waren, WIE sehen dann die unbefestigten Wege aus? Manchmal sind es geradezu Hohlwege, Single Roads … mit Gegenverkehr natürlich. Eine kurze Unterbrechung gab es,als ein Autofahrer beherzt mit seiner Jacke einen halbwüchsigen Schwan davon abgehalten hat, auf einen Kreisverkehr zu watscheln und ihn wieder über den Zaun zu seinen Schwanenkollegen gebracht (naja, eigentlich geworfen) hat.
Und … es gibt hier Kreisverkehre, da ist gar kein Kreis. Nicht mal einer der auf die Straße gemalt ist.

Naja, wir kommen ja in Battle an. (Für die, die es nicht wissen – hier fand am 14. Oktober 1066 die Schlacht bei Hastings statt, bei der Wilhelm der Eroberer, England erobert hat.)
Das Museum selbst ist gar nicht so groß (Klar, die Franzosen haben ja England erobert), und beinhaltet ein Visitor-Center mit wirklich sehr nett gemachten Computerdisplays mit interaktiven Geschichten vom Teppich von Bayeux. So wie sie dort dargestellt sind und so wie sie dort dargestellt sein könnten. Wirklich witzig gemacht. Dann hat man im Außengelände die Wahl ob man oberhalb des Schlachtfeldes gehen möchte – hier hat man nur einen Blick darauf, oder ob man den „Battle-Field-Walk“ gehen möchte, der direkt über das Schlachtfeld geht. Der ist aber noch gesperrt, da am Wochenende erst Veranstaltung war und dort erst aufgeräumt wird. Von oben sieht man aber auch gut was und außerdem erklärt der Audioguide wirklich ausführlich, so dass wir es nicht schlimm finden, oben bleiben zu müssen.

Aber, es ist schon irgendwie eindrücklich, DAS Schlachtfeld zu sehen … viel Fantasie benötigt man jedenfalls nicht um sich die Bilder dazu vorzustellen. um Mitternacht möchte ich hier jedenfalls nicht stehen …

Weiterhin kann man die erhaltenen Reste der Battle Abbey (mit vollem Namen: St. Martin’s Abbey of the Place of Battle) besichtigen. Dieses ist ein heute teilweise zerstörtes ehemalige Kloster, welches auf Anordnung von Wilhelm dem Eroberer an der Stelle errichtet wurde, um an die Leute zu erinnern die in der Schlacht ihr Leben verloren hatten. Eigentlich sind es nur die Ruinen des Refektoriums begehbar, der Rest ist als Kennzeichnung im Boden zu sehen. Inklusive der Stelle an der angeblich König Harold gestorben sein soll – wo später dann der Hochaltar der Kirche sich befand.

Im Torhaus ist dann noch eine klitzekleine Ausstellung zu sehen und man kann aufs Dach des Turms steigen. Von hier hat man einen schönen Überblick über die Umgebung. Alles in allem lohnt sich das Museum für alle Geschichtsinteressierten, nicht nur für Living-Historians wie wir.

Der Ort Battle an sich ist weniger interessant, heute zumindest. Während hier heute hauptsächlich Touristen herkommen, war es früher bekannt für eine qualitativ hochwertige Schwarzpulverindustrie. Die erste Pulverfabrik wurde Ende des 17. Jahrhunderts hier gegründet, auf einem Grundstück der Abtei übrigens! Eine weitere Fabrik befand sich dann in der Powdermill Lane, doch dieses Gebäude wurde später zu einem Hotel umgebaut. Schon Daniel Defoe schrieb im Jahr 1722, dass die Stadt zwar nicht viel zu bieten hätte, aber das beste Schießpulver ganz Europas herstellen würde. Allerdings wurde den Pulverfabriken 1847 nach mehreren Unfällen die Lizenz entzogen, denn im Jahr 1798 wurden mal eben 15 Tonnen Schießpulver in einem Ofen vergessen und explodierten.
(Quelle der Schwarzpulvergeschichte: Wikipedia)

Danach fahren wir weiter nach Hastings selbst, etwa 8 km entfernt um hier noch Hastings-Castle (das 1066 von Wilhelm dem Eroberer gegründet wurde) zu besichtigen. Das finden wir zwar auf einem Hügel aber die ganze Straßenführung dort ist so verwirrend und außerdem ist es viel zu wuselig, so dass wir beschließen, die beiden erhaltenen Mauern von Hastings-Castle unbesichtigt zu lassen und lieber einen Parkplatz zu suchen und ans Meer zu gehen. Den Parkplatz gibt es dann beim städtischen Einkaufzentrum und wir spazieren ein bisschen durch die (zugegebenermaßen irgendwie merkwürdige) Altstadt und an den Strand. Und natürlich noch durchs Einkaufszentrum … Hunger haben wir ja auch und ich wollte ja eh noch Cidre kaufen.

Mit Sandwiches (für einen späten Lunch) und Cidre (für zuhause) im Gepäck geht es dann wieder aus Sussex heraus nach Kent zurück nach Reculver, ein ehemaliges und heute abgesiedelter Ort. Das Dorf, welches seit der Antike mit einem römischen Hilfstruppenkastell und im Mittelalter mit einem Kloster bebaut war, ging sozusagen am Anfang des 19. Jahrhunderts durch Küstenerosion im Meer unter. Heute ist dort nur noch die Ruine der später erbauten Marienkirche zu sehen.

Es ist bereits dunkel als wir in Canterbury ankommen. Zum Abschluss des kurzen Kennenlern-Urlaubs auf der Insel gehen wir in den Pub neben dem Hotel (The Bishops Finger), essen gut und trinken Ale, bzw. Cider.
Nun müssen wir die Taschen schon wieder packen. Morgen geht es wieder auf die Fähre, zurück nach Frankreich.

Fazit: England sieht uns wieder. Es gibt noch eine Menge zu entdecken, die Leute sind entspannt und höflich, es gibt ne Menge Geschichte zu entdecken und der Cidre ist fast so gut wie der in der Normandie 😉
Der Linksverkehr ist nicht so schlimm, sagte Torsten zu mindestens. Naja ich sass dieses mal in der Straßenmitte.

Tag 05 – Canterbury, Dover, Calais, Amiens